Was in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft noch vorgeht

 

Antrag zur Berichterstattung in den Gesellschaftsorganen

Zur Geschichte der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft gehört das Problem einseitiger und zum Teil tendenziöser Berichterstattung in dem von Rudolf Steiner gegründeten Nachrichtenblatt für Mitglieder. Dafür gibt es in der Geschichte der Gesellschaft zahllose Beispiele, die bestätigen, dass dieses Problem seit 1925 in wechselnder Intensität bestand und besteht und in gewisser Weise zum Gewohnheitsleib unserer Gesellschaft gehört. Ein deutliches Symptom hierfür ist die Existenz sogenannter alternativer Nachrichtenblätter, die im Laufe der Zeit entstanden sind. Als Beispiel seien hier genannt die AVS-Nachrichten (AVS = Anthroposophische Vereinigung in der Schweiz), die ihre Wurzeln im Zusammenhang mit dem Nachlassstreit 1946 haben und bis Michaeli 2017 herausgegeben wurden. Ein aktuelles Beispiel ist „Ein Nachrichtenblatt“, welches seit 2011 besteht, als das von Rudolf Steiner gegründete Nachrichtenblatt von der Gesellschaftsleitung nahezu abgeschafft wurde (vorher wöchentliches Erscheinen, seit 2011 nur noch 10x pro Jahr). Die Möglichkeit für Mitglieder, sich in Gesellschaftsfragen durch Veröffentlichungen einzubringen, ist im Gesellschaftszusammenhang damit nahezu vollständig abgeschafft.

Die einseitige Berichterstattung hat immer wieder dazu geführt, dass der Mitgliedschaft die notwendigen Grundlagen zu einer eigenen und unabhängigen Urteilsbildung vorenthalten wurden, wie z.B. im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen, die 1935 in den Ausschlüssen kulminierten. In den 40er und 50er Jahren konnten im Zusammenhang mit dem Nachlassstreit wesentliche Informationen nicht in dem Mitteilungsblatt für Mitglieder veröffentlicht werden, sondern waren u.a. nur in den AVS-Nachrichten zu finden. Die in den 60er Jahren aufkommenden nichtleitungskonformen Ansichten in Bezug auf die Konstitution der Gesellschaft konnten erst ab Ende der 90er Jahre anfänglich im offiziellen Nachrichtenblatt dargestellt werden. Man vergegenwärtige sich in diesem Zusammenhang, dass diese Ansichten, die sich inzwischen in wesentlichen Zügen als richtig erwiesen haben und heute auch von der Gesellschaft als zutreffend anerkannt und bestätigt sind, damals nur ausserhalb der Gesellschaftsorgane für Mitglieder veröffentlich werden konnten. Es ist bis heute nicht möglich, zu den genannten Beispielen allein aus Gesellschaftspublikationen ein auch nur annähernd objektives Bild zu gewinnen.

Es gab immer wieder Autoren, denen die Möglichkeit der Veröffentlichung verwehrt wurde, obwohl im Vergleich zu heute bis 2011 eine vielfach grössere Anzahl von Mitgliederbeiträgen in den „Mitteilungen für Mitglieder“ erscheinen konnten.

Insbesondere in den letzten Monaten konnte die Berichterstattung als ausgesprochen einseitig erlebt werden. Dazu einige Beispiele, die hier nicht vollständig wiedergegeben werden können. Weitere Informationen finden sich in den angegeben Quellen bzw. hier [Hintergrund-Informationen zu dem Antrag]

Beispiel 1

Steven Usher stellte mit seiner Kritik an der kommentarlosen Veröffentlichung des Zander-Zitates in der Broschüre „Rudolf Steiner Bilder“ die Frage, ob mit dieser Veröffentlichung das Goetheanum noch seinem eigentlichen Auftrag folgt. Die Reaktion seitens der Goetheanum-Leitung darauf ist eine Kritik an der Art und Weise seines Vorgehens, wobei auf die eigentliche, von ihm angesprochene Frage nicht eingegangen wird. Stattdessen wird argumentiert, dass dieses verzerrende und diskreditierende Zitat von Helmut Zander sich selber entlarve, die kommentarlose Wiedergabe sei sogar eine „wirkungsvollere Korrektur“ des Zitates als ein „Verschweigen“. Stephen Usher wurde unterstellt, er habe den Zusammenhang mit dem Zitat „aus ganz anderen Motiven“ als aus den von den Ausstellungsmachern tatsächlich intendierten interpretiert und er habe seine „Empörung“ (so nennt es Justus Wittich, Stephen Usher schreibt, er sei „schockiert“ gewesen) absichtlich und bewusst bei seinen Gesprächen im Goetheanum zurückgehalten, um dann über Email-Verteiler und „Ein Nachrichtenblatt“ seine angebliche „Empörung“ verbreiten zu können. Diese Darstellung war schon erkennbar falsch, als sie formuliert wurde, denn Stephen Usher hatte geschrieben „Am Ende eines erfreulichen Besuches …“. So war aus Stephen Ushers Beitrag erkennbar, dass er die Broschüre zum Zeitpunkt der Gespräche noch gar nicht kannte. Dennoch wurde er 20.000fach über die deutsche Ausgabe von „Anthroposophie weltweit“ mit dieser Unterstellung vor einer Mitgliedschaft an den Pranger gestellt, die sich selber kein Urteil bilden konnte. Es wurde zwar später eine Erwiderung von Stephen Usher veröffentlicht, eine aktive Richtigstellung oder eine Entschuldigung erfolgte jedoch nicht. (Hinweise zu dem vollständigen Vorgang im Artikel [Erwartungen]

Beispiel 2

Im Nachgang der Generalversammlung wurden verschiedene unrichtige Darstellungen in der Wochenschrift wiedergegeben, hier 2 Beispiele:

  1. „Benjamin Kolass von der deutschen Landesgesellschaft bemerkte zum Publikationsorgan [„Ein Nachrichtenblatt“] der Gruppe [gemeint waren die Antragsteller], dass es kaum anthroposophischer Kultur entspreche, wenn man in der Weihnachtsausgabe nach Rücktritten rufe.“

Es gibt keine Weihnachtsausgabe von „Ein Nachrichtenblatt“, in der nach „Rücktritten gerufen“ wurde. Tatsächlich gab es im September 2016 eine Rücktrittsforderung im Zusammenhang mit der Aufforderung an Bodo von Plato, für die o.g. Veröffentlichung des entstellenden Zander-Zitates die Verantwortung zu übernehmen. Wolfgang Held übernahm die Behauptung von Benjamin Kolass, ohne sich zu vergewissern, dass sie richtig ist. Mündliche und schriftliche Hinweise führten zu keiner Richtigstellung und im Protokoll der Generalversammlung wurde diese Aussage wiedergegeben, ohne darauf hinzuweisen, dass diese nicht den Tatsachen entspricht. Eine Richtigstellung ist bis heute von keiner Seite erfolgt.

  1. In Bezug auf den Antrag zur Aufhebung des Vorstandsausschlusses von 1935 hatte Wolfgang Held in „Das Goetheanum“ Nr. 17 vom 21.04.1017 Peter Selgs Beitrag so zusammengefasst wiedergegeben:

„Dies [die Rehabilitierung Ita Wegmans und Elisabeth Vreedes] sei längst geschehen“

Auf diese vollkommen entstellte Darstellung des Beitrags von Peter Selg wurde Justus Wittich am 24.04.2017 das tatsächlich von Peter Selg Gesagte schriftlich übergeben. Dies führte nicht zu einer Richtigstellung. Erst durch eine persönliche Intervention Peter Selgs wurde in „Anthroposophie weltweit“ 6/17, wie es dort von Paul Mackay, Justus Wittich und Oliver Conradt bezeichnet wird, der ursprüngliche Protokolltext durch „eine präzisere Zusammenfassung seines Redebeitrags“ ersetzt. [Zum detailliertern Textvergleich] .

Beispiel 3

In „Das Goetheanum“ erschien in der Ausgabe 52-53/2017 ein Artikel von Wolfgang Held zur Rehabilitierung von Ita Wegman und Elisabeth Vreede. Darin heisst es:

„Zur Generalversammlung 2017 mündete diese Bemühung [das Anliegen von Gerald Häfner] – neben einem Antrag aus der Mitgliedschaft – in einer mit grosser Mehrheit angenommenen Initiative der Goetheanum-Leitung, den damals gefassten Beschluss als «aus heutiger Sicht unhaltbar und falsch» zu erklären.“

Zu dem Hintergrund der Initiative Gerald Häfners:

Gerald Häfner hatte der Goetheanum-Leitung im Jahr 2016 mehrfach vorgeschlagen, ob nicht in einem besonderen Akt hinsichtlich der Gesellschaftsgeschichte dem dabei verschiedentlich geschehenen Unrecht gedacht werden könnte. Dieser Impuls wurde aber von der Goetheanum-Leitung zu diesem Zeitpunkt nicht aufgegriffen. Der Ursprung des von Gerald Häfner eingebrachten „Anliegens“, welches hier als „Initiative der Goetheanum-Leitung“ bezeichnet wird, liegt nach seinen eigenen Angaben erst in der Nacht unmittelbar vor der Generalversammlung 2017. Es sei ein Vermittlungsversuch gewesen aufgrund erst unmittelbar zuvor von Jaap Sijmons und anderen Funktionären geäusserter Bedenken gegenüber dem Antrag. So habe Gerald Häfner noch eine Woche vor der Generalversammlung keinen Anlass für ein „Anliegen“ gesehen.
Es war somit tatsächlich umgekehrt: Neben einem Antrag aus der Mitgliedschaft hatte Gerald Häfner erst in der Generalversammlung ein eigenes Anliegen eingebracht. [Dokumentation zur GV 2017]

Beispiel 4

Besonders deutlich waren die Einseitigkeiten der Berichterstattung und der Auswahl von Leserbriefen im Zusammenhang mit der aktuellen Faustinszenierung. So wurden kritische Zuschriften nicht veröffentlicht und auch in den Berichten über die Inszenierung nicht erwähnt, obwohl bereits sehr früh besorgte und inhaltlich-kritische Mitteilungen das Goetheanum erreicht hatten. Stattdessen wurde immer wieder die Begeisterung der Zuschauer erwähnt und Zuschauerberichte veröffentlicht, deren positive Beurteilungen sich zu allermeist auf das persönliche Gefallen, die Spielfreude und die ausserordentliche Leistung des Ensembles bezogen. Kritiker der Inszenierung wurden als Schlechtredner bezeichnet (s.u.). Geisteswissenschaftlich-inhaltliche Zuschriften und Berichte konnten in „Das Goetheanum“ und „Anthroposophie weltweit“ so gut wie gar nicht erscheinen. Stellungnahmen der Goetheanum-Leitung zu den kritischen Stimmen gab es nicht. Stattdessen wurden Ansichten wiedergegeben wie diese: «In ablehnender Opposition zur künstlerischen Umsetzung wurde die Inszenierung gar intern wie extern schlechtgeredet und – geschrieben – was für ein Jammer!» (AWW 9/17).

Beispiel 5

In „Anthroposophie weltweit“ 6/17 erschien ein Artikel mit der Überschrift  „Kritik sollte organisch sein“, den Wolfgang Held als „Sprecher des Goetheanum“ im Auftrag und Namen des Vorstandes bzw. der Goetheanum-Leitung verfasst hatte. Dort heisst es zu Beginn:

„Das Goetheanum wird gegenwärtig mit Unterstellungen und Behauptungen konfrontiert, die auch an der Generalversammlung geäußert wurden. Wolfgang Held beschreibt die Umstände und wirbt für eine Art der Kritik, die das Gespräch fördert.

Dabei handelt es sich jedoch bei der „Beschreibung der Umstände“ im weiteren Verlauf des Artikels um unrichtige Behauptungen von Wolfgang Held, wie Leonhard Schuster in einer Richtigstellung nach entsprechender Recherche feststellt. Die Veröffentlichung dieser Richtigstellung wurde auch auf wiederholte Nachfrage verweigert. Diese ist zwischenzeitlich in „Ein Nachrichtenblatt“ Nr. 12/2017 veröffentlicht worden. Über den tatsächlichen Sachverhalt hat sich auch der Antragsteller informiert und kann die Darstellungen Leonhard Schusters bestätigen.

Auf die angesichts der wirklichen Tatsachen unangemessene Kritik durch Wolfgang Held im Namen des Goetheanums gegenüber den angeblichen Kritikern kann hier nicht eingegangen werden, näheres dazu in „Erwartungen“ und in “Das Goetheanum – Villa Kunterbunt” in “Ein Nachrichtenblatt” Nr. 12/2017.

Beschluss

Die Generalversammlung möge daher beschliessen:

Der Vorstand, als verantwortliche Instanz für die Publikationsorgane der Gesellschaft: „Das Goetheanum“, „Anthroposophie weltweit“ und die Informationen im Internet und als Herausgeber, soll die Verantwortung dafür übernehmen, dass durch die genannten Kommunikationsorgane der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft eine ausgewogene und der Wahrheit verpflichtete Berichterstattung erfolgt, insbesondere in Bezug auf eigene Berichte der Gesellschaftleitung, Beiträge der Redaktion und der Gesellschaftsmitarbeiter, aber auch in Bezug auf die Auswahl externer Beiträge, insbesondere Leserzuschriften, und dass eine entsprechende Verpflichtung der Redaktionsmitarbeiter in diesem Sinne erfolgt.

Dornach, 26. Januar 2018

Thomas Heck

 

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