Was in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft noch vorgeht

Lieber Herr Girke, lieber Herr Wittich,

nachdem nun die Traktanden der Generalversammlung feststehen und die von Ihnen vorgesehene  Struktur des Ablaufes der Generalversammlung bzw. des Jahrestreffens deutlich ist, möchte ich bzw. wir hier einige Gedanken und Vorschläge dazu einbringen. Aus dem Kreis der Mitantragsteller und auch von anderen Mitgliedern, denen ich diesen Brief im Entwurf zur Kenntnis gegeben hatte, erhielt ich ausschliesslich zustimmende Voten.

Zunächst möchte ich aus meinem Anschreiben zitieren, mit denen ich Ihnen meine Anträge übersendet hatte:

„Leider ist es in unserer Gesellschaft seit Jahrzehnten üblich, Antragsteller als Gegner anzusehen. Das ist gewiss nicht durchgängig in den persönlichen Begegnungen der Fall, aber im Gesamtduktus doch vorhanden. Das ist sehr bedauerlich, ist doch die Möglichkeit für Mitglieder über Anträge Themen einzubringen nicht nur ein in unseren heutigen Gesellschaftsverhältnissen notwendiges Recht, sondern bereits in den Statuten der Weihnachtstagungsgesellschaft verankert gewesen. So ist letztlich die Generalversammlung als höchstes Organ doch eine Mitgliederveranstaltung, auch wenn sie vom Vorstand organisiert wird.

Hinzufügen möchte ich noch die Bitte, genügend Zeit für die Behandlung der Anträge einzuräumen (aller, nicht nur meiner bzw. mit meiner Beteiligung), damit möglichst kein Zeitdruck entsteht. Denn dieser ist es häufig, der dann die Menschen „mürbe“ macht und die Auseinandersetzung schwierig und unfruchtbar werden lässt.“

Bei der Generalversammlung und dem Jahrestreffen handelt es sich im Grunde um 2 Veranstaltungen, die ineinander verschachtelt sind. Dadurch gibt es wohl kaum Möglichkeiten, die Blöcke der Generalversammlung bei Bedarf zeitlich auszudehnen. Aufgrund des Umfanges der zu behandelnden Traktanden wird jedoch sehr erheblicher Ausdehnungsbedarf entstehen und es erscheint unklar, wie ein reibungsloser Verlauf bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Ablauf gewährleistet werden kann. Dies wird aus den folgenden Aufstellungen deutlich. Die Themen der diesjährigen Generalversammlung sind zu wichtig, als dass eine angemessene und fruchtbare Behandlung dadurch in Frage gestellt werden sollte, dass nicht genügend Zeit zur Verfügung steht und durch entstehenden Zeitdruck sozialer Stress entsteht. Da alle Traktanden behandelt werden müssen, wäre letzteres bei der vorgeschlagenen Zeitstruktur kaum zu vermeiden. Wer Erfahrungen mit Dornacher Generalversammlungen hat, kennt die Auswirkungen. Zu befürchten wäre dann, dass aus dem „Fest der Begegnung“ dann doch mehr eine eher unerfreuliche „feste Begegnung“ werden könnte. Das werden Sie nicht wollen, das wollen auch wir nicht und so möchten wir uns aktiv dafür einsetzen, dass ein konstruktiver, fruchtbarer und angemessener Ablauf der Generalversammlung ermöglicht wird.

So sieht die Tagesordnung folgende inhaltliche Punkte vor:

–     Begrüssung und Eröffnung der Generalversammlung
–          Verlesung bzw. Erläuterungen zum blauen Heft, wie in den letzten Jahren?
–          5 x Rechenschaftsbericht des Vorstandes inkl. Aussprache
–          Finanzbericht mit Aussprache
–          Bericht der Revisionsstelle
–          Genehmigung der Jahresrechnung
–          Entlastung des Vorstandes
–          Zäsur Paul Mackay
–          Zäsur Bodo von Plato
–          Verabschiedung Seija Zimmermann
–          2 Anliegen
–          11 Anträge
–          Unbekannt: Weitere Anträge bzw. Gegenanträge?
–          Daraus ergeben sich mindestens 26 Einzel-Punkte. Vorgesehen sind 2 x 90 Min und 1 x 75 Min., zusammen 255 Minuten, d.h. pro Einzelpunkt bleiben gerade einmal knapp 10 Minuten.

Tatsächlich wird aber wohl pro Antrag und pro Anliegen im Schnitt mindestens die doppelte Zeit benötigt, d.h. allein für die Anträge und Anliegen müssten mindestens 260 Minuten vorgesehen werden, d.h. realistisch betrachtet würde der gesamte vorgesehene Zeitrahmen allein für die Anträge und Anliegen nicht einmal ausreichend sein (zum Vergleich 2017: 2 Blöcke a 90 Minuten für 6 Anträge = 30 Minuten pro Antrag).

Aus einer anderen Perspektive betrachtet:

Lt. Zeitplan gibt es genau 3 Blöcke:

  1. Donnerstag, 22.3. von 17:15 – 18:30 Uhr (75 Minuten)
    Für diesen ersten Block ist vorgesehen,
    alle Anträge und Anliegen vorzustellen nebst Erläuterungen (1. Lesung)
    alle Vorstandsberichte
    – die Vorlage der Jahresrechnung und der Befund der Revisionsstelle.
  2. Freitag, 23.3., von 14:30 – 16:00 Uhr (90 Minuten)
    – Aussprache zu allen Anträgen und Anliegen (2. Lesung)
    – Aussprache zu allen Vorstandsberichten
    – Aussprache zur Jahresrechnung
    – Aussprache zur Zäsur ?
  3. Samstag, 24.3., von 14:30 – 16:00 Uhr (90 Minuten)
    – Genehmigung der Jahresrechnung
    – Wahl der Revisionsstelle
    – Beschlussfassungen zu allen Anträgen (3. Lesung)
    – Antrag auf Entlastung des Vorstandes
    – Bestätigung einer weiteren Amtszeit von Paul Mackay und Bodo von Plato

Eine Zeitreserve gibt es am Donnerstag nicht, am Freitag bzw. Samstag müssten die nachfolgenden Blöcke entfallen bzw. gekürzt werden.

Soweit die vorgegebene Zeiteinteilung, die nicht realistisch erscheint.

In Bezug auf die Zäsur zeichnet sich ein weiterer Antrag ab, der für Paul Mackay und Bodo von Plato jeweils 1 – 1,5 Std. vorsieht, um Fragen zu beantworten, damit ein Rückblick und ein Ausblick ihres Wirkens auch für die Mitglieder ermöglicht wird. Im Moment ist es so, dass zwar von Gesprächen innerhalb der Leitungsgremien berichtet wurde, von dem Inhalt aber nichts mitgeteilt wurde. Unter diesen Umständen die Mitglieder um Zustimmung zu bitten, ist für eine „Erkenntnis-Gesellschaft“ im Zeitalter der Bewusstseinsseele doch problematisch.

Damit zeichnet sich ein wesentlich höherer Zeitbedarf für die Generalversammlung ab:

–          Rechenschaftsberichte des Vorstandes ca. 5 x 10 Minuten plus 5 x 10 Minuten Aussprache = ca. 1,5 – 2 Std.
–          Finanzbericht mit Aussprache, Bericht der Revisionsstelle und Genehmigung: 0,5 Std.
–          Entlastung des Vorstandes: 5 – 20 Minuten
–          Zäsur Paul Mackay und Bodo von Plato: 2 – 3 Std.
–          2 Anliegen mit Bericht und Beratung des bisherigen Ergebnisses (Anliegen 1): ca. 0,5 – 1 Std.
–          11 Anträge je 20 – 30 Min., insgesamt 4 – 5,5 Std.

Wenn man das zusammenrechnet ergibt sich ein Zeitbedarf von 9 – 12 Std., also mehr als das Doppelte bis zum Dreifachen des geplanten Zeitbedarfes.

Zwischenbemerkung:

Welchen Einfluss diese Gestaltung, besonders die Verteilung der Generalversammlung auf 3 Tage, auf die Anzahl der Teilnehmer haben wird, werden wir sehen. Schon jetzt ist insbesondere auch von weiter entfernt lebenden Mitgliedern Unmut zu hören, da sowohl der grössere zeitliche Aufwand als auch die zusätzlichen Aufenthalts- und Teilnahmekosten für viele nicht tragbar sind. Die Behandlung wichtiger Entscheidungspunkte erfolgt am Freitag zu einer Zeit, die für viele Arbeitszeit ist (das war u.a. auch ein Grund für den schlechten Besuch des Mitgliedertages zur Faust-Inszenierung am 3.11.2018). Wenn dann am Samstag die Abstimmungen erfolgen, werden daher viele Mitglieder mit abstimmen, die bei der Beratung der Anträge und der Zäsur gar nicht anwesend sein konnten. Wobei natürlich grundsätzlich gegen eine längere Generalversammlung nichts einzuwenden ist.

Als Antragsteller fühlen wir uns (aufgrund der Voten kann ich hier auch für die anderen Antragsteller sprechen) sowohl für eine angemessene Behandlung der von uns eingebrachten Themen als auch für einen möglichst reibungslosen Ablauf der Generalversammlung mitverantwortlich. Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, wäre ein Austausch mit Ihnen notwendig, wenn wir auf entsprechende Anträge zur Änderung der Tagesordnung verzichten wollen. Wir bitten daher um ein möglichst kurzfristiges Gespräch, um bereits im Vorfeld mit Ihnen besprechen zu können, wie der Ablauf der Generalversammlung erfolgen kann. Dieses Gespräch sollte zeitlich so möglich sein, dass eine geänderte Zeitstruktur bereits in der nächsten Ausgabe von “Anthroposophie weltweit” veröffentlicht werden könnte, insbesondere im Hinblick darauf, dass auch der Ablauf der Jahresversammlung von den Veränderungen betroffen sein würde und die Teilnehmer dies nicht erst zu Beginn der Veranstaltung erfahren sollten.

Mit der Unterstützung eines grossen Teils der „Mitantragsteller“ und anderer Mitglieder möchte ich Sie daher, wie oben schon erwähnt, um einen kurzfristigen Gesprächstermin mit Ihnen und einer Delegation der Antragsteller (max. 3-4 Teilnehmer) bitten, damit wir gemeinsam aus den jeweiligen Verantwortlichkeiten heraus zu einem möglichst reibungslosen und vorhersehbaren Ablauf der Generalversammlung beitragen können, so dass es wirklich zu einem Fest der Begegnung kommen kann.

Herzliche Grüsse

Thomas Heck, Dornach, 14. Februar 2018

Aktueller Stand

Am 25. Februar hatte Matthias Girke reagiert und für den 26. Februar ein Gesprächstermin angeboten, den wir wahrgenommen haben. In Bezug auf die Zeitstruktur bestätige Matthias Girke die Tatsache, dass für eine angemessenen Behandlung aller Tagesordnungspunkte nicht genügend Zeit zur Verfügung stehen wird. Allerdings sah er keine Möglichkeit den Zeitrahmen zu verändern.

Thomas Heck, 4. März 2018

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